Realismus vs. Spielspaß?

Hallo.

Früher war es so, dass EgoShooter mit einer Energieleiste ausgestattet waren, die man mit Medikits oder Plussen (siehe Turok) auffüllen musste. Einerseits war das sicher historisch gewachsen, andererseits war die Hardware damals nicht in der Lage eine wiederaufladende Energie punktegenau zu timen und zu berechnen. Und es hat wahrscheinlich auch niemand daran gedacht, dass das irgendwann mal ein großes Ding wird.

Ebenso konnte man damals von den in den großen Levels versteckten Waffen unendlich viele tragen (also um genau zu sein alle). Egal, wo der Charakter die hingepackt hat, weil das hat damals noch keinen interessiert - da wir ja schließlich alle wussten, dass Realismus auf dem N64 nicht zu schaffen ist. Die heutigen Shooter wollen realistisch sein, wollen durch ihre Genauigkeit überzeugen - aber will der Spieler das überhaupt? Macht es Spaß etwas zu spielen, was ich auch in der echten Welt machen könnte? Okay, ich würde wahrscheinlich nicht nach Afghanistan in den Krieg ziehen, prinzipiell könnte ich das aber.

Zum Beispiel in Battlefield 4 wackelt der Charakter mit dem Zielfernrohr, wenn er beschossen wird - gemeint ist Kugeln an ihm vorbei fliegen. Ich wöllte mal den Soldaten sehen, der dann noch komplett ruhig hält. Das Problem dabei aber ist, dass das mit dem Spielspaß nicht einhergeht. Vielleicht ist das Verhalten realistisch, hat aber in einem Videospiel nichts verloren, weil so einige Feinde richtig verdammt schwer abzuschießen sind, die es eigentlich nicht sein sollten.

Auch gibt es den Trend in Rennspielen immer realistischer zu werden, so gibt es irgendwie in den letzten Jahren auch kein gutes Need for Speed-Spiel mehr, was auch nur ansatzweise an die alten Teile herankommt. Das kann zum Einen daran liegen, dass die Entwickler immer weniger Zeit zur Verfügung haben, andererseits aber auch daran, dass die Spiele mit ihrer Physik immer realistischer werden, da auf heutiger Hardware einfach mehr Berechnungen möglich sind als auf der alten. Zwar sind dann Schatten und Reflexionen dynamisch berechnet, aber wirklich mehr Spielspaß schafft das nicht. Zwar ist das Tempogefühl realistischer aber auch das verschafft nur wenig mehr Spielspaß gegenüber den alten Teilen, die eher durch ihre Abwechslung geglänzt haben, als durch technische Spielereien.

Es bleibt wohl leider nur abzuwarten, was die Spiele-Industrie so hervorbringt. Ich denke allerdings, dass es nicht viel besser werden wird. So werden die Spiele immer realistischer (in der Optik und Verhalten) und lassen dabei den Spielspaß und die Abwechslung völlig auf der Strecke. Man sieht auch an den Indie-Spielen, dass Realismus eigentlich nicht das ist, was der Spieler will. Die meisten Indie-Spiele sehen bescheiden aus, machen aber unheimlich viel Spaß, weil sie von jemandem programmiert wurden, der genau so nur Spaß haben wollte. Er kann sich kein Physik-Framework leisten, deshalb bleibt das Spiel eben unrealistisch, macht dafür aber verdammt viel Spaß.

Wie immer könnt ihr nur mit eurem Geldbeutel abstimmen. Kauft also bitte Spiele, die ihr zwar spielen wollt, aber den Entwicklern direkt wegen fehlendem Spaß um die Ohren pfeffern wollt, in einem 2nd-Hand-Laden. Und nur die wirklich guten Spiele kauft ihr online im Store oder neuwertig im Laden.