Review des Virusprototyps

Prototype auf Playstation 3

24.05.2021

Wie viele gute Superhelden-Videospiele gibt es eigentlich? Klar, die Batman-Arkham-Spiele fallen einem da sofort ein, vielleicht Spiderman 2, aber ansonsten? Prototype versucht ganz klar genau in die Nische seinen Marker zu setzen, es versucht so sehr ein Superhelden (oder eher Superbösewicht)-Videospiel zu sein. Es bewirft euch mit super vielen coolen Moves, und setzt euch Unmengen an Gegner vor, die ihr einfach abschlachten könnt. Warum mich Prototype nur bedingt befriedigt, erfahrt ihr hier.

Der Virus

Protype spielt in New York City. In dieser fiktiven Version von New York startet ihr als ein verwirrter Alex Mercer, der sofort merkt, dass irgendwas nicht stimmt. Ein neuartiger Virus geht um in der Stadt, verwandelt Menschen in Monster und einige Gebäude und Umgebungen in überwucherte Nester der Infizierten. Alex kann sich an nichts mehr erinnern und wird von nun an den Rest des Spiels nach Antworten suchen. Er wird nach dem Mann suchen, der ihm das angetan hat. Er wird fortan mehr und mehr Menschen konsumieren, die ihm Informationen darüber geben, was vorgefallen ist, über die Firma Blacklight, für die er gearbeitet hat und über dessen Vorsitzenden.

Alex mutiert

Im Laufe des Spiels übernimmt der Virus mehr und mehr von der Stadt, verwandelt größere Teile in überwucherte Umgebungen und lässt auch die Reaktion der Militärs darauf größer werden. Ihr könnt euch aber natürlich gegen beide wehren, denn eure Mutation gibt euch einiges an besonderen Fähigkeiten. Neben verschiedenen Waffen, die sich an euren Händen bilden können, könnt ihr Menschen konsumieren und ihr Erscheinungsbild annehmen. So könnt ihr euch bspw. als Offizier verkleiden und in Militärbasen eindringen. Das funktioniert allerdings nur mit menschlichen Zielen, nicht mit Infizierten. Weiter könnt ihr die üblichen Sprungangriffe machen - stürzt ihr euch von einer großen Höhe herab, könnt ihr mit großer Wucht aufschlagen und alle in der Nähe stehenden Gegner erledigen. Spannenderweise habe ich den Move selten auf Kommando hinbekommen, warum auch immer.

Um auf Gebäude zu kommen, könnt ihr an Wänden entlang hoch laufen. Das finde ich ein sehr nettes Feature, allerdings ist die Kamerasteuerung dann nicht hilfreich. So könnt ihr bspw. nicht hinter euch schauen, und um Kanten solltet ihr so auch nicht rumlaufen, dann könnt ihr die Kamera gar nicht mehr steuern. Werdet ihr also gerade von einem Helikopter beschossen, könnt ihr nicht ausweichen oder euch wehren. Oben angekommen bleibt euch aber mehr als die Möglichkeit euch einfach hinunter zu stürzen. Vorausgesetzt ihr habt das im Upgrades-Menü freigeschaltet, könnt ihr euch durch die Luft gleiten lassen, um so mehr Weg zurückzulegen. Außerdem könnt ihr einen Dash vorführen, der euch ebenfalls neue Geschwindigkeit und mehr Weg gibt, genau passend für einen weiteren Slide. Allerdings könnt ihr nur maximal 2 mal einen Dash vollziehen bevor ihr landen müsst.

Die Waffen sind vielfältig. Drei der Techniken könnt ihr euch auf das D-Pad legen (dir vierte Richtung ist mit der Verkleidung des letzten konsumierten Menschen belegt). Neben den Wolverine-Klingen, gibt es unter anderem Felsen-Fäuste, die vor allem gegen gepanzerte Gegner guten Schaden machen und auch einige Gegner kurz paralysiert zurück lässt. Auch gibt es Peitschenhände, die etwas mehr Entfernung zum Gegner erlauben. Außerdem könnt ihr ein Schild aktivieren, was euch hauptsächlich vor gegnerischen Angriffen schützt und es euch erlaubt durch Menschenmengen einfach hindurch zu sprinten. Eine verstärkte Haut gibt es auch noch - dann erleidet ihr zwar weniger Schaden, aber ihr könnt euch auch nicht mehr verkleiden.

Gegen das Militär

An sich habt ihr jetzt genügend Waffen und Fähigkeiten, um gegen das Militär an zu stinken. Immerhin könnt ihr sie jetzt in Stücke schneiden, in den Boden stampfen, auspeitschen und konsumieren, um euch in Basen rein zu schleichen. Ihr könnt aber zusätzlich noch Waffen aufnehmen und mit einem sehr aggressiven Auto-Aim auf die Gegner schießen. Das hilft gegen Fußsoldaten ganz gut, aber gegen Panzer braucht ihr eine größere Wumme. Gut, dass einige der Soldaten eine Bazooka dabei haben, die ihr direkt gegen Panzer oder Hubschrauber benutzen könnt. Ihr könnt auch damit direkt auf die feindliche Basis schießen (wenn ihr drinnen schon alles geholt habt), dann stürzt sie ein und ihr erhaltet einiges an Erfahrungspunkten.

Das solltet ihr aber wirklich erst machen, nachdem ihr drin wart. Oftmals befinden sich Zeugen im Inneren, die ihr konsumieren könnt um so Informationen zu erhalten. Außerdem befinden sich manchmal auch Soldaten darin, die Fähigkeiten haben, die für euch haben wollt. So könntet ihr daher bspw. besseren Umgang mit den Waffen des Militärs oder Panzer erlangen. Selten ist da wirklich etwas spannendes dabei.

Panzer und später auch Hubschrauber könnt ihr aber auch übernehmen und selbst steuern. Dann wird das Zerstören von Militärbasen und Nester der Infizierten richtig einfach, weil ihr einfach mit den großen Knarren auf die Gebäude drauf halten könnt. Dafür müsst ihr in die Nähe des Panzers kommen und in einer Quick-Time Sequenz den Fahrer erledigen. Viel vom Inneren sehen wir dabei aber nicht, sondern können nur von außen erahnen, welches Schicksal den Soldaten widerfährt. Trifft euch aber ein Raketenwerfer oder ein Helikopter irgendwo in dieser Sequenz, fliegt ihr vom Panzer runter, und müsst nochmal beginnen.

Ehrlicherweise nervt mich das wahnsinnig. Ständig stehen irgendwo Raketenwerferschützen oder Panzer, die ständig mit Raketen auf mich schießen. Dann wird Alex hinter geworfen und er liegt erstmal am Boden. Außerdem spawnen auch ständig Gegner nach. Greift ihr bspw. gerade einfach ein Nest der Infizierten an, greifen euch trotzdem ständig Militärsoldaten an und spawnen auch noch unendlich nach.

Wird es den Soldaten zu bunt, rufen sie ein Strike-Team, das sind zwei Helikopter, die euch heimsuchen werden. Gegen Helikopter könnt ihr gar nicht so viel machen - eure Nahkampfangriffe sind quasi nutzlos gegen die Helikopter. Ihr könnt euch auf den Dächern befindliche Klimaanlagen schnappen und auf die Helikopter werfen. Das Zielsystem ist aber etwas komisch, bewegt sich das Ziel berechnet das Spiel automatisch die "richtige" Wurfrichtung. Hört das Ziel aber auf sich zu bewegen, geht der Wurf dann einfach daneben. Auch fürchte ich, dass die Geschwindigkeit für den Wurf nicht richtig festgelegt wurde. Jedenfalls trifft der Wurf quasi nur, wenn der Heli über die gesamte Flugdauer des Objekts statisch am Himmel steht und sich nicht bewegt.

Den Infizierten die Hölle heiß machen

Die Infizierten sind, wie ich finde, unspannender was die Mechaniken des Spiels anbelangt als das Militär. Im Laufe des Spiels werdet ihr extrem viele Menschen finden, die infiziert sind, aber euch noch nicht angreifen. Die könnt ihr normal konsumieren und euch davon Gesundheit zurück holen. Wirklich spannend sind eigentlich nur die großen Infizierten, die vertragen einige Angriffe und teilen auch ordentlich Schaden mit ihren großen muskulösen Armen und der langen Zunge aus. Die können euch auch zu Boden werfen in einer Ramm-Attacke, die sehr gerne Einsatz findet.

Wie beim Militär könnt ihr auch die Nester der Infizierten zerstören. Das werdet ihr relativ häufig im Laufe der Hauptmissionen machen müssen, könnt ihr aber auch einfach so machen. Anders als beim Militär gibt es aber keine Updates dafür, sondern ihr erhaltet ausschließlich Erfahrungspunkte, die ihr für Updates ausgeben könnt.

An einigen Stellen der Hauptmissionen trefft ihr auf wirklich große und böse infizierte Gegner, die ihr mit einigem an Gehirnschmalz und Taktik erledigen müsst, aber auch einiges an verstecken, wegrennen und Passanten konsumieren gehört dazu, bis ihr die Schwachstellen dieser Feinde ausfindig gemacht hat und sie nun auch häufig genug trefft. Diese Gegner sind ziemlich spannend, aber auch zunächst etwas frustrierend, weil nicht so ganz klar wird, ob ihr dem Gegner eigentlich Schaden zufügt oder ob das eigentlich garkeinen Effekt habt, was ihr da gerade versucht.

Upgrades

Das Upgrade-Menü finde ich sehr überladen. Nicht nur sind tausende Fähigkeiten und Verbesserungen alle einzeln aufgelistet, ständig taucht neues Zeug unter bereits bekannten alten Verbesserungen auch, sondern ihr müsst dafür auch noch mehrere Reiter navigieren und im Auge behalten. Die Punktzahlen, die ihr für die Upgrades braucht sehen ziemlich hoch aus, aber nach ein paar Missionen oder nach ein paar zerstörten Nestern bzw. Militärbasen dürftet ihr das auch drin haben.

Das virtuelle New York

Das virtuelle New York von Prototype kann nicht ansatzweise gegen das aus GTA IV anstinken. Es fehlen Details, die Gebäude wirken altbacken und eckig, die Färbung und Beleuchtung wirkt wie aus einem PS2-Spiel. Dafür ist die virtuelle Stadt bis zum Rande mit Nebenmissionen gefüllt. Neben Rennen, bei denen ihr in einer gewissen (unschlagbaren) Zeit einen Satz von Markern erreichen müsst, über Zielsprünge, bei denen ihr mit dem Airdash und Slide bestimmte Ziele punktgenau treffen müsst über Hordenmodi, bei denen ihr entweder Infizierte oder Militär unterstützt und die Reihen des jeweilig anderen dezimiert. Mal müsst ihr einfach nur die Ziele besiegen, mal geht das Ganze auf Zeit und ihr erhaltet Punkte für getötete Gegner oder ihr könnt nur bestimmte Fähigkeiten einsetzen.

Außerdem gibt es noch, meist deutlich einfachere, Nebenmissionen, die ihr durch das Konsumieren von bestimmten Zielen beginnt. Bei den Infizierten müsst ihr eigentlich immer ein Nest zerstören. Das wird nach einigen Malen relativ langweilig, von den Infizierten-Konsumier-Missionen gibt es dankenswerterweise auch nur wenige. Dafür gibt es beim Militär einige Missionen. Hier müsst ihr mal eine Basis infiltrieren und einen bestimmten Soldaten im Inneren konsumieren (und nebenbei noch die anderen wichtigen Ziele im Inneren), oder ihr müsst Informanten in einer bestimmten Zeit konsumieren, d.h. ihr müsst zu euren Zielen sprinten. Dann kann es auch sein, dass ihr eine Gruppe von Wissenschaftlern konsumieren müsst. Insgesamt gibt es hier dennoch zu viele Missionen, weil die Typen, die es gibt, trotzdem zu häufig auftreten.

Spannend ist übrigens, dass wir im New York von Prototype niemals im Inneren von Gebäuden sind, außer in Militärbasen. Auch wenn wir mal ein paar Kämpfe im Rahmen der Hauptmissionen irgendwo drinnen absolvieren, dann sind das grundsätzlich große Hallen, die verdächtig so aussehen wie Militärbasen, nur ohne das Gerümpel darin. Ansonsten sind das alles Zwischensequenzen, bspw. wenn ihr mit eurer Schwester sprecht. Manchmal ist sogar nur angedeutet, was passiert, ohne dass wir überhaupt sehen was drinnen vor sich geht.

Physik ohne Trägheit

Grafisch wirkt das Spiel wie aus der auslaufenden PS2-Zeit; dazu würde auch die Physik passen, die gänzlich die Trägheit vergisst. Alex hat quasi kein Gewicht, sondern kann blitzschnell drehen und die Richtung wechseln. Akkurates springen und landen wird so zu einer großen Herausforderung, bis unmöglich. Wenn wir jetzt noch das ganze Chaos um uns herum betrachten, wird das quasi unmöglich. Ganz besonders auffällig wird das Trägheitsproblem übrigens bei den Helikoptern. Wie schnell die manchmal auf und ab schwingen können, ist unglaublich. Wie es den KI-Gegnern passt, springen die Helis quasi durch die Luft ohne irgendeine Art von halbwegs realistischer Bremsung.

Story

Während ich die Prämisse für sehr nett halte - ein infizierter, mutierender Typ in mitten einer infizierten Stadt - finde ich die Ausführung der Story und des Settings ziemlich schwach, wenn ich ehrlich bin. Man hätte so viel damit machen können, man hätte ihn zum König der Infizierten werden lassen können. So sind wir irgendwie zwischen den Stühlen - die Infizierten greifen uns an und das Militär findet uns auch nicht gerade gut.

Die Zwischensequenzen zeigen den Storyfortschritt. Da laufen wir wieder und wieder und wieder in Hinterhalte, die von der anderen Seite der USA aus erreichbar gewesen wären. Aber Mercer denkt einfach nicht so weit. Schade eigentlich. An der Story muss ich insgesamt bemängeln, dass mir hier Hirn fehlt. Mehr als Draufhauen und blinde Wut rauslassen kann Alex Mercer nicht, was ihn für mich nicht gerade zu einem sonderlich guten Superhelden/-bösewicht macht. Auch wenn man ihn als Bösewicht bezeichnen kann, finde ich sollte er ein Ziel haben und das unter Einsatz der (für ihn) gut wirkenden Mittel erreichen wollen. Aber Mercer lässt sehr früh die Hülle eines Superhelden fallen und verhält sich extrem schnell wie ein wahnsinniger Bösewicht.

Bewertung:
Durchwachsen
Durchwachsen
Text von 24.05.2021
Fazit:
Insgesamt wirkt Prototype altbacken. Es versucht so sehr ein Superhelden-Spiel zu sein, dass es vergisst ein gutes Spiel zu sein. Ich fürchte, wenn Prototype nicht so vollgestopft wäre von irgendwelchen Features und Upgrades, sondern sich fokussieren würde auf genau die Fähigkeiten für Alex, die auch wirklich sinnvoll sind, wäre schon viel geholfen. Dann müsste nur noch die Physik überarbeitet, das Spieldesign verbessert, die Missionen diverser, die Stadt interessanter und schöner, Innenräume müssten geschaffen, und der KI eine Gehirnkur verschrieben werden. Mit Prototype kann man eine ganze Weile gut Spaß haben, wenn man frustresistent ist, weil die Gegner doch einige Moves drauf haben, die man einfach als unfair bezeichnen kann. Wer auf Trash steht, darf gern zugreifen.