Review des pfurztrockenen Need for Speeds

Need for Speed: Payback auf PS4

27.11.2020

Need for Speed: Payback ist der direkte Nachfolger des 2015 erschienenen Need for Speed (ohne Untertitel). In den Augen vieler Fans der einstigen Underground und des Most Wanted Titels, hat die Serie sehr stark nachgelassen und an Biss verloren, einige werfen dem Franchise vor, zu wenig zu experimentieren und immer wieder die gleichen abgedroschenen Geschichten zu erzählen. Payback ist hier um genau das gleiche zu machen. Wie gut sich Payback dennoch schlägt, erfahrt ihr hier. Vorab: Das Spiel beinhaltet Glücksspiel und Microtransactions (Antifeature).

Das Zahlen wir dir heim! (roll credits)

Ihr spielt Tyler Morgan. Und Mac und Jess. Zu Beginn des Spiels findet sich die Crew zusammen um einen Wagen von einem hoch dotierten Straßenrennen in Fortune Valley zu stehlen. Lina Navarro und Rav, der Mechaniker, helfen dem dynamischen Trio. Also fahren wir flott zum Rennstart, schnappen uns den Wegen und rasen über einen Autotransporter-Truck über die Ziellinie, um mit dem Wagen zu entkommen. Spannend dabei dürfte sein, dass die Zuschauer, über die wir in der Zwischensequenz eben noch gesprungen sind, sobald wir die Kontrolle zurück erhalten, verschwunden sind. Jedenfalls müssen wir jetzt in einer vorgescripteten Sequenz den Polizisten entkommen, die uns um alles in der Welt aufhalten wollen.

Wir kommen am Zielort an, Rav liegt am Boden, der Truck noch nicht vorbereitet für den Weitertransport. Lina Navarro hat uns hintergangen - Shock, Horror! Jedenfalls schnappt sie sich den teuren Wagen, lässt dabei aber ihren Wagen stehen, also schnappen wir uns kurzerhand den Schlitten und lenken die Cops ab, die uns aber letztlich doch schnappen. Marcus, 'der Gambler', Weir bietet uns einen Deal an. Wir arbeiten für ihn oder wir gehen in den Knast.

Es entspinnt sich eine Geschichte der Rache an Lina Navarro. Tyler zeigt mehrfach, dass er einfach unglaublich naiv an die Sache herangeht und eigentlich überhaupt keinen Plan von irgendetwas hat. Das Spiel ist fortan in Missionen unterteilt. In den ersten drei Missionen schlagen wir lokale Rennliegen - das sind eigentlich eher eine Reihe von Events, die wir in der Reihenfolge abschließen müssen um weiter zu kommen. Wir hätten da die Rennliga und die Drag-Liga, die Offroad-Liga und die Drift-Liga, und eher unmotiviert legen wir uns als Jess auch noch mit den Bullen an und fahren für "das House", der großen bösen Obermuffti-Organisation.

Zusammenhangsloses Rennfahren

Waren die Rennen in den vorigen Need for Speed-Teilen irgendwie miteinander verbunden, sei es die Blacklist in Most Wanted, oder seien es die Renntage in Pro Street oder die zu erobernden Stadtteile in Carbon, so sind die Rennen hier eigentlich gar nicht verbunden. Wir fahren Rennen, ab und an kriegen wir mal einen Soundschnipsel vorgespielt, der uns irgendwas über die Geschichte erzählen soll. Ehrlich gesagt finde ich die Konversationen ziemlich sinnlos, und die Kamerafahrten um die Autos sind auch immer die gleichen. So geht Welt-Aufbau halt leider nicht, Ghost-Games! Während uns die Obermufti in Carbon noch mit Videoschnipseln vorgestellt worden sind, und wir auch mal deren Gesichter haben sehen können, wirken die Gegner in Payback doch eher wie Schießbudenfiguren - austauschbar. Keine Ahnung, wie die "Streamerin" SuperNova aussehen soll. Im Grunde kennen wir die NPCs nur von irgendwelchen Sinn befreiten Diskussionen zwischen zwei Autos. War vielleicht bei Most Wanted die Rechenleistung der Konsolen noch nicht da um detaillierter darzustellen, was geschieht, kann das hier keine Ausrede mehr sein.

Apropos Rechenleistung. Ich halte es für eine Frechheit, dass ich während das Spiel lädt nicht meine Einstellungen umstellen kann. Warum muss ich immer noch darauf warten, bis irgendwelche Texturdaten von der Festplatte gekratzt sind, und kann nicht wenigstens meinen Wagen tunen. Das Gleiche gilt übrigens für die Nebenwetten, die uns vor jedem Rennen angeboten werden. Das sind Nebenherausforderungen, bspw. eine gewisse Zeit im Gegenverkehr zu fahren, für die wir zusätzliches InGame-Geld erhalten. Leider zeigt uns das Spiel hier manchmal diese Sequenz auch dann bis zum Ende, wenn ich die Wette längst abgelehnt habe. Und dann hat das Spiel auch noch die Frechheit mir nicht eingeladene Texturen zu zeigen. Unverschämt!

Renntypen und Physik

Neben den üblichen Sprint und "Rundenrennen", gibt es in Payback auch Drifts, Drags und Offroad-Rennen, sowie gescriptete Sequenzen gegen die Cops oder Verfolger vom House. Rundenrennen und Sprints sind im Grunde identisch, ihr verfolgt eine Reihe von Checkpoints. Hatte NfS 2015 wenigstens noch die Güte mir zu zeigen, wie viele Checkpoints es noch sind, steht das auch nicht mehr da. Wenigstens wird mir der genaue Radius gezeigt, an dem die Checkpoints durchfahren werden müssen - manchmal aber kommt man daran vorbei, entweder weil man gerade eine Abkürzung fahren wollte, oder weil eben links oder rechts noch etwas Platz ist. Dann registriert das Spiel nicht, dass ihr den Checkpoint durchfahren habt und ihr könnt das Rennen nicht weiterfahren (jedenfalls solange ihr nicht zurück fahrt und den Checkpoint noch holt). Das ist das frustrierendste an diesem Spiel - warum bitte kann ich nicht einfach eine Abkürzung nehmen. Wenn es doch eigentlich nur darum geht am Zielpunkt anzukommen, warum kann ich dann nicht fahren, wie ICH es möchte, oder meinetwegen - warum ist die Strecke dann nicht richtig abgesteckt. Das Spiel "stellt" zwar Lichtbarrieren auf, die sind aber ähnlich wie in Underground 1 durchfahrbar und erlauben euch auch, von der Strecke abzuweichen - sehr zum eurem Leidwesen.

Die Reichhaltigkeit an verschiedenen Driftevents aus NfS 2015 hat es leider nicht in Payback geschafft. Hier gibt es nur noch eine Art von Drift-Events, nämlich Herausforderungen. Ihr seid allein auf der Strecke und müsst bis zum Ende des Kurses eine gewisse Anzahl Punkte erdriftet haben. Die Steuerung geht dabei eigentlich in Ordnung, sie braucht aber einiges an Eingewöhnung, und selbst dann ist das Driften nicht sonderlich einfach. Ich kann hier alle verstehen, die sich darüber aufregen, dass wir jedes Rennen einer Quest-Serie abschließen müssen um weiter zu kommen. Während ich das Driften durchaus noch im vertretbaren Rahmen empfand, war ich sehr frustriert von den Offroad-Rennen.

Auf den Straßen von Fortune Valley herrscht eine angenehm driftige Physik, sodass ihr einige Kurven auch mal in einem leichten Drift nehmen könnte. In den Offroad-Events geht es aber auf vorbereiteten Wegen durch die Botanik. Ich finde ja, dass das nicht viel mit Offroad zu tun hat, wenn wir uns durch die Wildniss kutschieren, da aber ständig nur auf ausgefahrenem Wüstenboden unterwegs sind. Wollen wir mal tatsächlich durch den Busch fahren, können wir das oftmals zwar tun, werden aber immens ausgebremst. Mancherorts sind die zu fahrenden Strecken auch fein säuberlich durch Steine (und dahinter Berge) abgegrenzt, was an sich ja okay ist. Dass ich aber crashe, sobald ich gegen einen dieser Steine fahre, finde ich nicht okay. Absolut daneben finde ich die Rücksetzmechanik, die einen automatisch zurücksetzt, wenn man crasht. Oftmals bin ich schon wieder dabei, weiter zu fahren, als das Spiel dann endlich auf die Idee kommt, mich zurück zu setzten. Man kann das zwar ausschalten, dann passieren aber noch seltsamere Dinge.

Klar ist das Fahren über Wüstenboden etwas anderes als über eine pfurztrockene Straße, aber dennoch finde ich, dass die Physik hier nicht sonderlich gut umgesetzt ist. Viel zu schnell kommt man von der Strecke ab, viel zu schnell landet man in einem Stein, was dann dazu führt, dass ihr zurück gesetzt werde. Viel zu schnell halten die Gegner einen davon ab nach vorn zu preschen - offenbar wohl wissend, dass 6 der Computergegner mich ruhig behindern können, wenn nur einer vor mir landet, gewinne ich nicht. Ich persönlich hatte ziemliche Probleme mit den Offroad-Rennen und finde die Physik und das Streckendesign nicht sonderlich unterhaltsam. Kommt man vom Weg ab, wird man zurückgesetzt, auch wenn das eigentlich nur ein Schneiden einer Kurve war, und ich eigentlich auch gerade wieder auf der Strecke weiterfahre. Das nimmt hier schon fast The Run-eske Ausmaße an. An einigen Stellen setzt euch das Spiel viel zu aggressiv zurück, weil es glaubt, ihr wärt von der Strecke abgekommen.

Die Dragrennen sind recht simpel - ihr fahrt in mehreren Läufen eine oftmals mehr oder weniger gerade Strecke. Ihr solltet dabei tunlichst vermeiden zu crashen, weil der Run sonst als nicht abgeschlossen zählt. Es zählt einzig, dass ihr die Mehrzahl der Läufe gewinnt. Sind also drei Läufe angesetzt, müsst ihr lediglich zwei gewinnen. Anders als in den Underground und Most Wanted-Spielen müsst ihr hier perfekt schalten (wofür ihr Nitro bekommt), UND auf den Straßenverkehr aufpassen, denn einen Spurhalte-Assistenten gibt es hier nicht. Die Dragrennen sind recht kurz und ich empfand sie auch nicht als sonderlich große Herausforderung.

Die Sequenzen gegen die Cops sind wenigstens unterhaltsam, auch wenn sie unglaublich hart vorgescriptet sind. Wo eine Straßensperre aufploppt und wie die aussieht ist hier vorbestimmt, und hat leider nichts mit Zufall zu tun, wie es noch in Most Wanted oder Carbon war. Die Missionen in diesem Strang sind oft vom "Komme zum Zielpunkt und fahre durch die Checkpoints", manchmal aber auch "fahre zu diesen Punkten in beliebiger Reihenfolge" - natürlich alles gegen die Zeit. Die Checkpoint-Sequenzen ähneln den Kontrollpunkt oder Mautstellenrennen aus Carbon bzw. Most Wanted. Ihr erhaltet einen Zeitbonus, wenn ihr einen der Checkpoints erreicht habt, oder aber wenn ihr einen der Verfolger ausschaltet.

Die Verfolger, egal ob Cops oder Fahrer des Houeses, haben eine Energieleiste über ihrem Auto. Fahrt ihr in die Verfolger rein, verringert sich die Anzeige, bis lediglich der gestreifte Teil der Anzeige übrig ist. Nun braucht es nur noch einen härteren Schlag und schon liegt das Gegnerfahrzeug im Busch - bewegungsunfähig. Dieser Modus erinnert mich ziemlich an Undercover, bei dem wir ebenfalls Widersacher ausschalten mussten, indem wir ihre Energieanzeigen leer gerammt hatten.

"Tuning" und Glücksspiel

Das "Tuning" im Spiel funktioniert aufgrund von Speed-Karten. Eine Speed-Karte gibt es in den Kategorien Kopf, Block, Turbo, Steuergerät, Getriebe und Auspuff. Neben der Stufe der Karte, hat sie einen Hersteller und Boni. Sammelt ihr einen Hersteller in eurem Fahrzeug erhaltet ihr weitere Boni.

Eine der Karten erhaltet ihr am Ende eines jeden Rennen. Dort könnt ihr aus drei Karten "ziehen" (wer weiß ob das überhaupt einen Unterschied macht, welche ihr da zieht?). Alternativ könnt ihr auch im Tuning-Geschäft euer Glück versuchen - dort wechselt das Angebot aller 10 Minuten durch. Es kann euch hier passieren, dass ihr eigentlich ein Teil für den Auspuff erkaufen wollt, aber es keinen Auspuff gibt. Wie absolut unsinnig ich dieses Verfahren finde, brauche ich wohl nicht explizit aufzuschreiben, oder?

Aber halt! Da gibt es noch mehr. Ihr könnt auch noch mit so genanten Teile-Tokens eine Art einarmigen Banditen bedienen. Teile Tokens könnt ihr entweder für eine Speed-Karte erhalten, die ihr gerade bekommt (dann einen Token pro Karte), oder aber über Lootboxes kaufen. Zwar erhaltet ihr einige der Lootboxen im Verlauf des Spiels, die neben ein paar Teile-Token auch Geld beinhalten, aber dennoch finde ich es nicht gut, dass hier ganz klar Glücksspiel-Elemente eingebaut werden.

Bei diesem einarmigen Banditen könnt ihr entweder die Kategorie, einen Bonus oder den Hersteller feststellen und drei Teile-Token einsetzen, dass das Spiel die anderen Beiden Sachen würfelt. Wenigstens hat es Ghost-Games direkt so dargestellt wie einen einarmigen Banditen und noch nicht mal versucht dem Ding irgendeinen anderen Anstrich zu geben.

Das Tuning-System hat aber auch einen echten Einfluss auf das Spiel selbst. Zwar steigen die Klassen der Teile im Verlauf des Spiels, aber ihr erhaltet eben doch erst beim nächsten Würfeln des Spiels neue Teile im Angebot der Shops und dann vielleicht nicht mal die Teile, die ihr gerade braucht. So ging es jedenfalls mir - ein Rennen war für mich nicht schaffbar, also bin ich zum nächsten Tuning-Shop schnellgereist und habt mich dort voll ausgestattet, inklusive einer Drehungen des einarmigen Banditen. Immer noch nicht möglich. Am nächsten Tag tauchen dann auch einmal ein paar neue Teile im Shop auf, die die Leistung meines Wagens weiter nach oben treiben - es ist doch Augenwischerei zu glauben, dass das alles nichts miteinander zu tun hätte.

Technik, Grafik und Sound

Die Technik ist, wie ich finde, unter aller Sau. Nicht nur, dass die Physik des Spiels einige Mal durchdreht, so wurde ich schon unter die Welt geworfen, offenbar bin ich da zu hart mit der Leitplanke kollidiert. Außerdem sieht man hier und da einladende Texturen und Objekte, das Mipmapping ist ganz klar sichtbar - einiges an Anisotroper Filterung hätte hier gut getan. Dass manche der Zwischensequenzen sich nicht überspringen lassen und auch die Nebenwetten-Bildschirme gern etwas länger bleiben als man gewollt hätte, und es das Spiel dann noch nicht mal schafft im Hintergrund die Welt zu laden, finde ich peinlich.

So richtig peinlich finde ich übrigens, dass es Einstellungen im Spiel gibt, die nicht funktionieren. Schaltet ihr das automatische Zurücksetzen nach einem Crash aus, bleibt ihr auch einfach mal auf der Seite liegen oder auf dem Dach. Schade, dass ich keinen Rücksetz-Knopf gefunden habe. Die Menüs ergaben auch keine Hilfe. Auch gibt es eine Controllervoreinstellung, bei der selbst im Menü der rechte Steuerkreuz-Knopf dazu geführt hat, dass das Spiel einen Screenshot gemacht hat und hochgeladen hat. Wenigstens kann ich auch in Zwischensequenzen hupen - das habe ich gewollt.

Grafisch finde ich Payback um Einiges schlechter als NfS 2015. Mir ist zwar der Trick vollkommen klar, mit dem NfS 2015 hübscher wirkte - dennoch muss ich ganz klar sagen, dass mir in Payback Details fehlen und einige der Effekte deutlich unspektakulärer sind. Der Tag/Nacht-Wechsel hat mir ganz gut gefallen, bringt das Spiel aber auch nicht weiter. Insgesamt vermisse ich in Payback Dynamik. An manchen Stellen bin ich gezwungen zwei nebeneinanderstehenden Autos beim Reden zuzusehen, oder am Ende von Dialogen noch weiter auf die beiden Wägen zu starren. Es fehlt einfach der Feinschliff, die letzte Kontrolle der Konsistenz. Wenn ein NPC im Anruf unglaublich gehetzt klingt, sich dann aber in aller Ruhe in meinen Wagen setzt, ist eben etwas falsch.

Der Sound im Spiel ist irgendwie komisch. Ich schalte normalerweise manuell, das habe ich auch größtenteils gemacht. Aber irgendwie scheinen die Motorengeräusche aller anderen Wägen immer lauter zu sein, als meine eigenen. Der Tacho ist hochstilisiert bis zur Unbenutzbarkeit - auch der hilft mir beim manuellen Schalten nicht wirklich. Die Hintergrundmusik hatte ich für ein Testvideo ausgeschaltet, ein Probehören auf Youtube zeigt, dass ich offenbar alt werde. Keiner der Titel gefällt mir wirklich - keine amerikanischen Punkt/Ska-Band mehr, sondern Dubstep und Hip-Hop. Wers mag.

Bewertung:
Nicht empfohlen
Nicht empfohlen
Text von 27.11.2020
Fazit:
Payback ist insgesamt in meinen Augen kein gutes Spiel. Die Physik ist wie immer fragwürdig, die Story zusammenhangslos. Wenigstens wird sie diesmal nicht voll Vollidioten erzählt, dafür aber von höchst-naiven Hauptcharakteren, die es freiwillig mit einer mafiösen Struktur aufnehmen wollen. Das Rennenfahren an sich macht eigentlich auch ganz gut Spaß, nur leider machen die Entwickler das direkt mit diesem Bullshit-"Tuning"-System wieder kaputt, und das alles nur um ein paar Antifeatures im Spiel unterzubringen. Zwar muss man nicht mehr Always-Online sein, aber Glücksspiel und Microtransactions will ich in meinen Spielen eigentlich nicht haben. Auch für die Rennspielfans, die am meisten auf dem Zahnfleisch kriechen kann ich Payback nicht wirklich empfehlen.